
Frische Luft, frische Ideen - Wie Lehre unter freiem Himmel gelingen kann
Die Sonne lacht, das Semester neigt sich dem Ende zu – warum nicht den Unterricht auch mal nach draußen verlegen? Statt stickiger Seminarräume locken Schattenplätze unter Bäumen, Wiesen und Innenhöfe zum Lehren und Lernen im Freien. Das haben wir zum Anlass genommen, uns auch im Newsletter dem Thema zu widmen und die Vorteile und Grenzen des Unterrichts im Freien zu beleuchten. Besonders hilfreich für Dozierende unserer Universität: Unsere Kollegin Elvira Cyranka hat den Innenstadtcampus und seine Umgebung begangen auf der Suche nach geeigneten Orten für den grünen Seminarraum. Sie ist mit einer langen Liste an Vorschlägen ins Büro zurückgekehrt – lesen Sie unten mehr!
Haben Sie schon einmal eine universitäre Lehrveranstaltung im Freien abgehalten oder in der Studienzeit selbst an einer teilgenommen? Vermutlich nicht besonders häufig, denn diese Form des Unterrichts ist noch eine Seltenheit an deutschen Hochschulen. Dabei bietet die Universität als Lehr- und Lernort mit ihrer Methodenvielfalt, der Eigenverantwortung der Studierenden und der thematischen Varianz optimale Voraussetzungen dafür, den klassischen Hörsaal auch mal zu verlassen. Elvira Cyranka erklärt sich die Zurückhaltung bei vielen Dozierenden so: „In das Konzept des Draußenunterrichts muss man sich reindenken – funktioniert das, was ich drinnen vorhabe, auch im Freien? Das fühlt sich zunächst nach einem gewissen Mehraufwand an, für den oftmals keine Kapazitäten da sind.“
An der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt will man den Lehrenden erste Hürden aus dem Weg räumen: Hier gibt es einen Outdoor-Campus (https://www.ku.de/outdoor-campus) . Lernorte wurden didaktisch erschlossen, um die beste Lernumgebung für heterogene Seminarkontexte und -anforderungen zu finden. In einem Selbstlernkurs haben Dozierende zudem die Möglichkeit, sich dem Thema zu nähern und eigene Lehrkonzepte für draußen zu entwickeln.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Lohnt sich der Aufwand, der mit dem Verlegen der Lehrveranstaltung ins Grüne einhergeht? „Tatsächlich gibt es zahlreiche wissenschaftlich Studien, die zeigen, dass das Draußenlernen die Gedächtnisleistung erhöht,“ erklärt Andreas Fleischmann, der sich für einen Fachartikel mit dem Thema befasst hat, und ergänzt: „Das geschieht durch die Aktivierung verschiedener Sinne wie Sehen, Hören, Riechen und Tasten, die im Freien viel stärker angesprochen werden als im klassischen Hörsaal oder Seminarraum.“ Auch körperliche Bewegung, die im Freien natürlich viel eher eingebunden werden kann als auf den Bänken im Hörsaal, fördert das kreative Denken nachweislich.
Ebenso punktet der Unterricht im Freien auf sozialer Ebene: Wer statt in starren Tischreihen des Seminarraums im lockeren Kreis unter einem Baum sitzt, kommt ganz automatisch leichter ins Gespräch. Die Atmosphäre ist entspannter, informeller – das stärkt den Gruppenzusammenhalt und senkt die Hemmschwelle, sich aktiv zu beteiligen. Diskussionen entstehen oft wie von selbst.
Unterricht im Freien eröffnet zudem Möglichkeiten, die im Hörsaal schlicht nicht machbar sind: Architektur wird direkt am Bauwerk greifbar – statt auf die Leinwand projizierte Bilder zu betrachten, stehen die Studierenden direkt vor dem Objekt. Auch Ökologie lässt sich draußen viel unmittelbarer erleben: Pflanzen und Tiere werden nicht nur theoretisch beschrieben, sondern in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet.
Natürlich hat der Draußenunterricht auch seine Grenzen: der physische Komfort der Studierenden kann unter zu großer Hitze oder Kälte sowie der gewöhnungsbedürftigen Ergonomie leiden. Zudem kann die eingeschränkte technische Infrastruktur manchem Lehrinhalt im Wege stehen – eine mathematische Herleitung ohne Tafel oder Bildschirm gestaltet sich genauso schwierig wie Programmierübungen am Laptop, für die es Steckdosen und stabiles WLAN braucht.
Wenn Sie als Lehrperson nun denken: In meinem Kurs kaum machbar – und außerdem viel zu aufwendig, schade wegen der viele Vorteile!“ – keine Sorge: Mit ein paar einfachen Kniffen lässt sich der Draußenunterricht erstaunlich unkompliziert umsetzen. Andreas Fleischmann hat in seinem bald erscheinenden Artikel eine ganze Reihe praktischer Tipps dazu gesammelt – ohne, dass neues Equipment gekauft werden oder ein kompletter Lehrplan-Umbruch stattfinden muss. Und das Beste: Es muss gar nicht gleich die komplette Sitzung draußen stattfinden. Oft reichen schon kleine Impulse – etwa ein Lernspaziergang, eine aktive Bewegungspause unter freiem Himmel oder ein kurzer Gruppenarbeitsblock im Park: „Das sind einfache Einstiege, die kaum Vorbereitung kosten – aber den Studierenden frische Luft und neue Perspektiven bringen“, erklärt Fleischmann.
Hierbei unterstützen wir gerne: Hier finden Sie die Liste unserer Kollegin Elvira Cyranka, die diverse Orte nahe des TUM Campus in der Innenstadt ausfindig gemacht hat, an denen Lehrende ihr Seminar gut auch draußen abhalten können: „Bei der Suche nach Orten für den Draußenunterricht habe ich besonders darauf geachtet, dass sie vom TUM Hauptgebäude aus fußläufig schnell zu erreichen sind und sie bei immer heißer werdenden Sommern genügend Schattenplätze bieten,“ erläutert die Hochschuldidaktikerin.
Auf dieser Seite wird auch der Artikel von Andreas Fleischmann verlinkt sein, der voraussichtlich im August erscheint.
Sollten Sie als Lehrperson weitere Tipps und Tricks zum Thema Draußenunterricht benötigen, stehen wir bei ProLehre Ihnen nicht nur mit Rat und Tat, sondern auch mit ausleihbaren Materialien zur Seite. Kommen Sie gerne auf uns zu!