Gesichter aus der Barer Straße

Seit 14 Ausgaben durfte ich hier im Newsletter Einblicke in die persönlichen Seiten unserer Kolleg:innen geben: ihre Geschichten erzählen und ihr Engagement sichtbar machen. Mit dieser Ausgabe wende ich das sinnbildliche Mikro nun ausnahmsweise auf mich selbst: nach vier Jahren bei ProLehre wird mich im Januar mein Weg weiterführen – zu neuen Aufgaben und neuen Menschen. Bevor ich ProLehre verlasse, möchte ich einen Blick hinter die Kulissen meines eigenen Engagements jenseits von ProLehre geben – dorthin, wo Fragen besonders häufig gestellt werden: in meinen Stunden als ehrenamtliche Nachhilfelehrerin. Dort erlebe ich immer wieder, wie wertvoll es ist, gemeinsam Antworten zu finden und Neugier zu wecken.
Mehr als drei Jahre lang bin ich durch die Büros der Barer Straße gegangen und habe über Kolleg:innen und deren persönlichen Seiten berichtet. Dabei sind Artikel entstanden darüber, wie es sich anfühlt, das Heimatland zurückzulassen und weit weg von zuhause ein neues Leben zu beginnen, was unsere Auszubildenden aus ihrer Lehre fürs Leben mitnehmen oder wieso es sich lohnen kann, trotz fertiger Abschlüsse mit einem berufsbegleitenden Studium nochmal ganz neue Wege zu gehen. Dabei habe ich in der Nachlese einer jeden Newsletter-Ausgabe bemerkt, dass die Rubrik „Gesichter aus der Barer Straße“ sich der größten Beliebtheit erfreut hat. Auch mir hat es immer wieder große Freude bereitet, zu überlegen, wen ich diesmal vorstellen darf, entsprechende Fragen zu entwickeln und im Interview ganz neue Seiten meiner Kolleg:innen kennenzulernen.
Auch wenn das Fragenstellen und das Finden von Antworten mit meinem Weggang von ProLehre in dieser Form nun ein Ende nehmen muss, geht es damit an anderer Stelle weiter. Seit einiger Zeit engagiere ich mich ehrenamtlich als Nachhilfelehrerin für Schülerinnen und Schüler mit Flucht- oder Migrationshintergrund. Schnell habe ich gemerkt, dass es dabei um mehr als Grammatikregeln und Aufsatzstrukturen geht. Es ist ein gemeinsamer Prozess des Nachfragens, Verstehens und Übersetzens – nicht nur von Sprache, sondern auch von Lebenswelten. Ehrenamtliche Nachhilfe schafft genau diesen Raum: einen Ort, an dem Fragen willkommen sind und an dem Antworten gefunden werden dürfen – in eigenem Tempo, mit eigener Stimme.
Dass ich seit nunmehr vier Jahren im didaktischen Bereich tätig war, hat mich auch fachlich gerüstet für meine Arbeit als Nachhilfelehrerin: Dass es sich lohnt, vor jeder Stunde Lernziele zu formulieren und komplexe Inhalte auf das Wesentliche zu reduzieren, um Lernenden die Verarbeitung und Verankerung zu erleichtern, habe ich mehr als einmal gehört in meiner Zeit bei ProLehre.
So schließt sich für mich ein Kreis: Bei ProLehre durfte ich daran mitarbeiten, Lehrende und Studierende auf ihrem Weg als Dozierende oder Lernende an der TUM zu unterstützen. Nun endet mein Weg in dieser Abteilung, und mit diesem für mich letzten Newsletter geht auch ein kleines Stück Routine zu Ende. Doch das Fragenstellen und Antwortenfinden hört damit nicht auf. In meiner ehrenamtlichen Nachhilfe begegnet es mir weiter, jeden Montagabend aufs Neue.
Vielleicht ist das die schönste Erkenntnis zum Abschied: Lernen endet nie, weder an der Universität noch im Alltag – und wir alle können Teil davon sein, indem wir neugierig bleiben, Wissen teilen und einander Wege zeigen.
Danke an alle, die sich für diesen Newsletter bereitwillig für Interviews zur Verfügung gestellt haben und die meine Texte gelesen haben. Es war mir eine Freude, Geschichten und Menschen sichtbar zu machen.
Und nun: auf zu neuen Fragen – und zu all den Antworten, die noch warten.