Im Fokus: Hybride Lehre

Hybride Lehre – kaum ein anderes Schlagwort fällt in der hochschuldidaktischen Diskussion um die Hochschullehre gerade so oft wie dieses. Es beherrscht aber nicht nur die Lehr- und Lernforschung, vor allem ist es Teil des Alltags fast aller Dozierender an unserer Universität geworden. Worum geht es genau bei hybrider Lehre, wo liegen Chancen, aber auch Probleme? Und welche Unterstützungsangebote bieten wir den Lehrenden hier an? Darauf wollen wir in den nächsten Zeilen eingehen.

Die Vielschichtigkeit des Themas wird zunächst einmal daran ersichtlich, dass schon die Definition „hybrid“ in der Fachcommunity umstritten ist. Im Kern lässt sich jedoch festhalten: Präsenz- oder Blended-Lehrveranstaltungen werden dann zu Hybrid-Lehrveranstaltungen, wenn die Präsenz-Elemente gleichzeitig auch als synchrone Online-Elemente gespiegelt werden. Studierende können somit wahlweise in Präsenz oder aus der Ferne teilnehmen.

Insbesondere für Studierende, die aus gesundheitlichen Gründen (Krankheit, Isolation, Quarantäne, aber auch Prävention bei Risikogruppen) von der Teilnahme an Lehrveranstaltungen ausgeschlossen wären, hält hybride Lehre einen Zugang zur Lehrveranstaltung offen. Die Pandemie brachte außerdem vielseitige Einreisebeschränkungen mit sich: zahlreichen internationalen Studierenden, denen die Einreise an ihren Studienort Deutschland verwehrt blieb, wurde durch hybride Lehre ermöglicht, das Studium ohne Verzögerungen fortzusetzen. Aber auch wenn man sich eine zukünftige Welt vorstellt, in der diese pandemiebezogenen Argumente an Gewicht verlieren, muss hybride Lehre kein Auslaufmodell sein: Die Vorteile der Flexibilität kommen insbesondere an einer national wie international eingebundenen Multi-Campus-Universität wie der unseren deutlich zum Tragen.

Nicht außer Acht lassen darf man allerdings auf der anderen Seite, dass hybride Lehre technische, didaktische und organisatorische Hürden mit sich bringt. Ist ein Teil der Studierenden vor Ort anwesend, während ein anderer Teil online teilnimmt, muss darauf geachtet werden, allen gerecht zu werden: Können Fragen aus dem Hörsaal technisch so übertragen werden, dass sie auch zuhause am Bildschirm wahrnehmbar sind? Wird der Zoom-Chat dahingehend überprüft, dass auch Lernende zuhause die Möglichkeit haben, mit ihrem Anliegen gehört zu werden? Wie schafft man es, die Studierenden vor Ort zu aktivieren, aber auch das Publikum vor dem Rechner mit einzubeziehen? Fragen, mit denen Dozierende in hybriden Lehrsettings immer wieder konfrontiert sind. Wie wichtig es ist, sie zu klären, wird dann deutlich, wenn man einen Blick in die Zukunft der Hochschullehre wirft: „Reine Präsenz-Lehrveranstaltungen und reine Online-Lehrveranstaltungen werden in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen. Die meisten Lehrveranstaltungen werden Mischformen sein, die Präsenz- und Online-Elemente miteinander verbinden,“ sagt Andreas Fleischmann, Leiter von ProLehre. „Das muss allerdings nicht unbedingt hybrid sein“, fährt er fort. „In blended sehe ich ein deutlich größeres Potential, weil dort die Onlineelemente die Präsenzlehre viel leichter ergänzen und bereichern können und die Gefahr viel kleiner ist, dass Onlineelemente den Mehrwert der Präsenzlehre reduzieren“.

Solange aber die Pandemie noch Einfluss auf die Lehrveranstaltungen hat, ist der hybride Ansatz ein wichtiges Instrument für inklusive Lehre. Daher hat ProLehre eine Reihe von Ideen und Angeboten, um hybride Lehre gut umzusetzen.

Hilfreich ist beispielsweise die Unterscheidung von hybrider Lehre in verschiedene Ausbaustufen, die beschreiben, wie intensiv „Zoomies“ (online dazugeschaltete Studierende) und „Roomies“ (vor Ort anwesende Studierende) interagieren können. In der ersten Ausbaustufe ist lediglich das Streamen des Lehrvortrags ohne weitere Interaktionsmöglichkeiten für die Zoomies beinhaltet; die zweite Stufe ermöglicht den Zoomies, mit der Lehrperson zu interagieren (sei es mit Bild und Ton oder über den Chat); die dritte Ausbaustufe ermöglicht den Zoomes und Roomies, miteinander zu interagieren.

Leah Sharp, Spezialistin für Educational Technology bei ProLehre, weist auf die von ihr ausgebildeten hyScouts hin. Es handelt sich um speziell geschulte studentische Hilfskräfte zur Unterstützung hybrider Lehrveranstaltungen: „Unsere hyScouts haben schon vielen dankbaren Dozierenden dabei geholfen, wenn es darum ging, die Hardware für hybride Lehrsettings aufzubauen oder die online Zugeschalteten zu betreuen.“

Auch didaktische Beratung für die Besonderheiten hybrider Lehre bietet ProLehre an. Im Rahmen der Instructional Design Initiative, die Werkstätten zu verschiedenen Fokusthemen beinhaltet, werden zielgerichtet Methodiken für diese Form der Lehre vermittelt. Die Initiative wird geleitet von Emil Ratko-Dehnert und Leah Sharp. Das Thema hybride Lehre ist auch nach einigen Pandemie-Semestern nicht immer leicht zu händeln. In den Werkstätten konnten die hochschuldidaktischen Expert:innen dieses Semester mit einigen Teilnehmenden fokussierte Techniken und Methoden erarbeiten, die für dieses besonderer Lehrsetting nützlich sind.

Immer mehr Hörsäle werden mit Streamingtechnologie ausgestattet, die hybride Lehrszenarien erleichtert. Kürzlich feierten wir den 30.Hörsaal mit der neuen Technologie, weitere 20 sollen bis Ende des Jahres folgen. Die Liste dieser Hörsäle pflegt Constantin von Thielmann, einer der Experten für Educational Technology, der auch das Hörsaalkonzept entwickelt hat. Gemeinsam mit seiner Kollegin Deliah Mesters-Brosch hat er auch mobile Kofferlösungen entworfen, in denen Lehrenden alle Geräte finden, die sie für einfache hybride Lehrszenarien benötigen.

Den Mehrwert von Präsenzveranstaltungen nicht zerstören, aber trotzdem die Digitalisierung einbeziehen und Lehre für alle, unabhängig vom Standort, inklusiv gestalten – dieser Kernherausforderung hybrider Lehre möchten wir auch künftig mit Ihnen zusammen begegnen. Kommen Sie gerne auf uns zu!